Jacob Leibholz

*08.08.1894, am 26.02.1943 nach Auschwitz deportiert

Was wir über Jacob Leibholz wissen:

  • Jacob Leibholz wurde in Szubin/ Schubin (Posen) geboren.
  • Vor seiner Zeit in der Treuchtlinger Straße 4 hat er in der Freisinger Straße 17, in der Kufsteiner Straße 10, in der Meraner Straße 2 und in der Apostel-Paulus-Straße 18 gewohnt.
  • In der Treuchtlinger Straße wohnte er zusammen mit Anny und Wilhelm Beyth, Elise und Hedwig Brück, und Denny Wiener bei Familie Spier im Erdgeschoss.

Was wir noch aus dem Leben von Jacob Leibholz wissen:

Jacob Leibholz wurde am 8. August 1884 in Szubin/ Schubin, der historischen Region Posen, geboren. Sein Vorname findet sich in drei verschiedenen Schreibweisen: Jacob, Jakob und auch Jaques. Er selbst unterzeichnete jedoch mit „Jacob“.

Nachdem er zunächst als Kaufmann und Reisender für Damenkonfektion gearbeitet hatte, gründete er 1922 ein Konfektionsgeschäft in der Krausenstraße 59/60 in Berlin-Mitte.

Quelle: Berliner Handels-Register, 66. Ausgabe, 1930 (Public Domain)

Am 5. Januar 1924 heiratete er die aus Sauerbaum/Rößel stammende katholische Schneiderin Auguste Luwinski, und am 5. August 1925 wurde ihr gemeinsamer Sohn Siegfried geboren.
Von Jacob Leibholz sind mehrere Wohnsitze in Berlin-Schöneberg bekannt. Zur Zeit der Trauung mit Auguste lebte er laut Heiratsurkunde in der Freisinger Straße 17, und das Jüdische Adressbuch von 1931 besagt, dass die Familie damals in der Kufsteiner Straße 10 wohnte. Später zogen sie in die Meraner Straße 2, wo man laut Augustes Erinnerungen (vgl. BEG-Akte 403.366, LABO-Berlin) bis zum 1. Oktober 1939 gemeinsam als Familie lebte.

Zu dieser Zeit plante die Familie bereits ihre Auswanderung nach Johannesburg in Südafrika, wo Augustes erster Sohn Kurt wohnte. Das Geschäft, dessen Eintrag sich noch bis 1939 im Berliner Adressbuch finden lässt, hatten sie, so schreibt sie, schon 1937 oder 1938 aufgeben müssen.

Quelle: Berliner Adreßbuch, Ausgabe 1939 (Public Domain)

Zudem war Siegfried aufgrund seiner jüdischen Herkunft und der KPD-Mitgliedschaft seines Vaters vom Gymnasium ausgeschlossen worden, sodass offensichtlich nur noch eine Ausreise infrage kam. Geplant war, dass Jacob und Siegfried per Schiff über Shanghai und Auguste direkt nach Johannesburg fahren würden, jedoch erhielt nur Auguste eine Ausreisegenehmigung und durch den Kriegsbeginn war die Seeroute nach Shanghai stark erschwert bzw. gänzlich eingestellt worden. Statt seine Familie in Südafrika in Empfang nehmen zu können, erhielt Kurt lediglich eine Erstattung der Kosten für die bereits bezahlte Überfahrt.

Auguste erklärt in ihren niedergeschriebenen Erinnerungen, dass Jacob und sie es für wahrscheinlicher hielten, doch noch ausreisen zu können, wenn sie sich scheiden ließen. Neue Ziele oder vielleicht auch Zwischenstationen auf dem Weg nach Südafrika waren St. Louis in den USA, wo sie Verwandtschaft hatten, und Chile. Doch aus den USA kam eine Absage und auch der Plan, nach Chile zu gelangen, zerschlug sich.

Nach der Scheidung wohnten Siegfried und seine Mutter in einer gemeinsamen Wohnung und Jacob bezog ein möbliertes Zimmer in der Apostel-Paulus-Straße 18. Von dort ist er wahrscheinlich in die Treuchtlinger Straße 4 gezogen, wo er beim Ehepaar Spier im Parterre wiederum in einem möblierten Zimmer unterkam. In der verpflichtend auszufüllenden Vermögenserklärung vom 15. Februar 1943 vermerkt Jacob Leibholz, dass er für dieses Zimmer eine monatliche Untermiete von 54 Reichsmark zahlt und zu diesem Zeitpunkt lediglich „einige Stücke“ Wäsche und Herrenbekleidung sowie ein Paar Schuhe besitzt. Unter der Rubrik „Höhe des jetzigen Gesamtvermögens (nach Abzug der Passiven)“ notiert er: „50,- Rm/ ab Pflegegeld 50,- Rm/ Summe 0“. Neun Tage später wurde ihm der Beschluss vom 1.10.42 über den Einzug seines gesamten Vermögens persönlich zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt galt Jacob Leibholz als sogenannter „Reichsfeind“. Im April 1943, also etwa zwei Monate nach seiner Deportation, stellten die Behörden fest: „Nachlass wurde nicht vorgefunden.“

In einem letzten Schriftverkehr mit seiner Bank im Februar 1943 erwähnt Jacob Leibholz seine „Wohnsitzverlegung nach Theresienstadt“. Sein Name findet sich jedoch auf der Deportationsliste des 30. Osttransportes vom 26.2.43, dessen Ziel Auschwitz war. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum Auguste in ihren Erinnerungen vermutet, Jacob sei auf dem Transport nach Theresienstadt gestorben, „denn er wurde in T. [Theresienstadt] nicht registriert. Trotz eifrigem Nachforschen blieb er verschollen.“

Quelle: LABO Berlin, BEG-Akte

Auguste heiratete 1940 den Schornsteinfegermeister Heinrich „Paul“ Fricke. Sie schreibt, dass sie Jacob und Siegfried durch diese Heirat und das Einverständnis ihres neuen Ehemannes „mit Geld u. Lebensmittel [sic] viel helfen“ konnte. Nach dem Krieg lebte sie von 1954 bis 1956 bei ihrem Sohn in Johannesburg, später mit ihrer Schwester in Zeutern sowie in Unteröwisheim (Ubstadt-Weiher) in Baden-Württemberg.

Siegfried Leibholz wurde von seiner Mutter eine Woche vor Jacobs Deportation ins Haus ihrer Mutter nach Sommerfeld (Osthavelland) gebracht und dort bis 1945 von seiner Großmutter versteckt. Den seinetwegen durchgeführten zahlreichen Hausdurchsuchungen konnte er jedes Mal entkommen, indem er sich in die nahegelegenen Wälder flüchtete. Nach dem Krieg lebte er in der DDR. Am 1. Februar 2005 starb er in Potsdam.

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